Vive ... felix (Lebe ... glücklich)
Glückliche Stunden bei der Kulturfahrt der Lateiner nach Würzburg
Bei sonnigem Oktoberwetter erkundeten 35 LateinschülerInnen heuer wieder unter Leitung von Herrn Bauer die Stadt Würzburg und das nahegelegene Veitshöchheim. Ein Ziel der Kulturfahrt war es, Spuren der Antike und die Rezeption der Antike in dieser Region zu entdecken.
Der erste Programmpunkt am Dienstag war für uns das Museum der Franken auf der Festung auf dem Marienberg. Wenngleich Würzburg keine römische Gründung ist, finden sich dort doch etliche römische Fundgegenstände aus der näheren Umgebung der Stadt. Dass bei Funden in Gräbern die Lage von Schmuckstücken und Alltagsgegenständen oft entscheidende Hinweise auf ihre Verwendung liefert, wurde deutlich, als wir unsere (Schüler-) 'Leiche' mit Repliken und Abbildungen von Fundstücken ausstatteten. Großen Anklang fand danach die Vorführung von Metallgussverfahren in einer verlorenen (d.h. hinterher nicht mehr verwendbaren) Form und in einer Dauerform aus Stein.
Welche Rolle die antike Mythologie im 17. und 18. Jahrhundert spielte, zeigte sich im Anschluss beim Rundgang im 'Gartensaal' und in der Sammlung der Bozzetti (kleine Modelle, die vor der Herstellung von Großplastiken angefertigt wurden). Die im Museum aufbewahrten originalen Götterstatuen aus dem Rokokogarten in Veitshöchheim ebenso wie die Bozzetti und die Vorzeichnung des Werkes 'Raub der Europa', das im Hofgarten in Würzburg zu sehen ist, bereiteten auf die Highlights unserer Fahrt, die Residenz in Würzburg und das Lustschloss in Veitshöchheim, vor.
Über die Alte Mainbrücke ging es hinterher in die Innenstadt. Nach einer Mittagspause führte Herr Bauer mit spannenden Erläuterungen vom Dom, der Reliquien der Stadtapostel beherbergt, vorbei an der Statue des Künstlers und Bürgermeisters Tilman Riemenschneider, der in den Bauernkriegen im 16. Jahrhundert für die Bauern Partei ergriff, zum Lusamgärtchen, wo unsere Schülerinnen und Schüler - wie viele vor ihnen - am Grab von Walther von der Vogelweide Blumen niederlegten, um sich Glück in der Liebe zu sichern.
An der Residenz, dem zweiten Ziel des Tages, bot zunächst der Hofgarten Gelegenheit, die am Vormittag eingehend besprochenen Figuren und Figurengruppen inmitten streng symmetrischer Rasenflächen, Blumenrabatten und kegelförmig geschnittener Eiben zu erleben.
Wie ein Fürstbischof residierte, wie er sich darstellte und wie die Fresken zu lesen sind, wurde unseren Achtklässlern dann dank der lebendigen Führung durch den museumspädagogischen Dienst in der Residenz genauso eindrücklich nahegebracht wie das Ausmaß der Zerstörung des Gebäudes im zweiten Weltkrieg.
Der Mittwoch war dem dritten Höhepunkt der Reise gewidmet, dem Besuch des Rokokoschlösschens in Veitshöchheim. Nach einer kurzen Stadtführung im Würzburger Rathaus, am Neumünster und an der Marienkapelle ging es auf dem Main nach Veitshöchheim.
Im Gegensatz zur Residenz wurde das Jagdschloss im zweiten Weltkrieg nur wenig zerstört, sodass originale Tapeten, knarzende Holzfußböden, üppig verzierte Möbel und ein Billardtisch mit elfenbeinernen Kugeln einen lebendigen Eindruck vom Lebensgefühl der Zeit vermittelten. An der Ausstattung der Toilette aber zeigte sich, dass die meisten Europäer im 21. Jahrhundert in vieler Hinsicht doch komfortabler leben als die Fürstbischöfe im 18. Jahrhundert.
Glückwünsche an den Fürstbischof:
Vive diu felix, rege totque per annos, Philippe, quot flores verno tempore Majus habet.
Lebe lange glücklich und regiere so viele Jahre, Philipp, wie der Mai zur Frühlingszeit Blüten hat.
Der herbstliche Rokokogarten gab Gelegenheit, sich am Karpfenteich mit der Figurengruppe 'Parnass mit Apollo, Musen und Pegasuspferd' zu sonnen, die (Kopien der) Götterstatuen an ihrem ursprünglichen Ort auf sich wirken zu lassen, an den indianischen Gartenhäuschen vorbeizuflanieren und bei den Darstellungen vom Fuchs und vom Storch nach einer Fabel von Äsop darüber nachzudenken, dass es sich rächt, wenn die individuellen Bedürfnisse des Anderen keine Beachtung finden. Gleichermaßen luden das Heckentheater und der Gemüsegarten zum Verweilen ein.
Neben den kulturellen Unternehmungen trugen natürlich die Gespräche unter den Schülerinnen und Schülern, die gemeinsamen Spiele und der eine oder andere beglückende Einkauf zur guten Stimmung bei. Und nicht zuletzt leistete auch unsere zentrumsnahe Jugendherberge einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Fahrt, die - ganz nach den Lehren der Äsopschen Fabel- in ihrem ausgezeichneten Speisenangebot vielfältige, sehr verschiedene Ansprüche berücksichtigte.
Ein großes Dankeschön für die glücklichen Stunden an unseren Reiseleiter Rainer Bauer!
Maria Zehentmeier