Kulturfahrt der "Lateiner" nach Würzburg
Eine Zeitreise vom Mittelalter bis in die Neuzeit
Vierzig Lateinschülerinnen und -schüler der 8. Klassen konnten heuer in sonnigem Oktoberwetter in Würzburg Kultur pur erleben. Einen ersten Zugang zum Thema Mittelalter bekamen sie im Lusamgärtchen am Grab von Walther von der Vogelweide, wo auch unter den Schülerinnen einige nach altem Brauch eine Blume niederlegten, um sich Glück in der Liebe zu sichern. Spuren des Mittelalters entdeckten die Schülerinnen und Schüler auch im Würzburger Dom, der in seiner Anlage eine der ältesten romanischen Kirchen ist.
Auf der Festung auf dem Marienberg wurde die alte Burganlage mit ihrem alten Bergfried und den Burghöfen anschaulich erklärt. Eine didaktisch gut konzipierte Führung brachte den Schülerinnen und Schülern im Zeughaus (Museum für Franken) Ernährung und Rittertum im Mittelalter nahe.
Bei seiner Stadtführung erzählte Herr Bauer an der Marienkapelle aus dem 14. Jahrhundert im Stadtzentrum, wie im Zuge des Judenpogroms im Jahr 1349, bei dem in diesem Viertel Juden ermordet und ihre Häuser zerstört wurden, die Synagoge, der Vorgängerbau der Kirche, niederbrannte. Bei seinen Ausführungen zum bestehenden Bau deutete Herr Bauer die Darstellungen in den Tympana der Portale. Die Darstellung des Gerichts im Westportal zeigt interessanterweise auch einen Bischof unter den 'Bösen'. Im Nordportal wies Herr Bauer die Schülerinnen und Schüler auf die ungewöhnliche Verbildlichung der Verkündigungsszene hin. Die Plastiken (Kopien) von Tilman Riemenschneiders Adam und Eva am Südportal leiteten über zur Zeit der Reformation und der Bauernkriege.
Reformation und Bauernkriege
Riemenschneider, bedeutender Bildhauer, Stadtrat und Bürgermeister von Würzburg, stellte sich gegen den Fürstbischof auf die Seite der Bauern. Im Gasthaus 'Zum Stachel' trafen sich die Aufständischen. Wenn ein Treffen stattfand, wurde zum Zeichen für die anderen ein Stachel (ein Morgenstern) außen angebracht - wie er auch an einem Haus im Westen der Marienkapelle zu sehen ist.
Das 18. Jahrhundert: Barock und Rokoko
Einen Höhepunkt unserer Fahrt stellte der Besuch der von Balthasar Neumann entworfenen Residenz aus dem 18. Jahrhundert dar. Bei der Führung wurde den Schülerinnen und Schülern ein lebendiges Bild vom Luxus und Prunk der barocken Fürstbischöfe vermittelt. Am Deckengemälde von Tiepolo erhielten die Schülerinnen und Schüler interessante Informationen zur Bilderwelt des Barock.
Draußen im Hofgarten konnte man im Licht der Abendsonne zwischen Zitronenbäumen und verspielten Putten den Zauber fürstbischöflicher Gartenfeste erahnen - zu denen Menschen wie wir wahrscheinlich keinen Zugang hatten.
Abgerundet wurde die Zeitreise in die Welt der Fürstbischöfe des 18. Jahrhunderts durch eine kurze Schifffahrt zum Sommersitz in Veitshöchheim. In dem kleinen Rokokoschloss staunten die Schülerinnen und Schüler über aufwendig gearbeitete Tapeten, hochwertige Fußböden und Möbel und einen Billardtisch mit elfenbeinernen Kugeln. An der Ausstattung der Toilette aber zeigte sich, dass die meisten Europäer im 21. Jahrhundert in mancher Hinsicht doch komfortabler leben als die Fürstbischöfe im 18. Jahrhundert.
Der herbstliche Rokokogarten gab Gelegenheit, sich am Karpfenteich zu sonnen, an den indianischen Gartenhäuschen vorbeizuflanieren, bei der Skulptur vom Kranich und dem Wolf über die Bedeutung der Fabel von Äsop nachzudenken
Das 20. Jahrhundert
Was Würzburg im 20. Jahrhundert erlebte, erfuhren die Schülerinnen und Schüler im Rathaus in erschütternder Weise an einem Modell der Zerstörungen durch die Bombardierungen im zweiten Weltkrieg. Die meisten der Gebäude im Zentrum der Stadt waren beschädigt oder zerstört worden und nur die Einsatzbereitschaft vieler machte den Wiederaufbau möglich.
Und außerdem...
Neben den zahlreichen kulturellen Erlebnissen blieb unseren Schülerinnen und Schülern natürlich Zeit, die Stadt auf eigene Faust in Gruppen zu erkunden, sich zu unterhalten und in der Jugendherberge Spiele zu spielen.
Dank
Ich danke Herrn Bauer, der in kürzester Zeit während der Sommerferien diese erlebnisreiche Kulturfahrt konzipiert und organisiert hat.
Maria Zehentmeier
Momentaufnahmen
Fotos: Verena Dopfer, Maria Zehentmeier, Rainer Bauer